bei vorträgen im freien kalkulieren Sie die windrichtung ein: gegen den wind zu sprechen ist mühsam(er) als mit dem wind; wenn möglich, ändern Sie die position, von der aus Sie sprechen.
lassen Sie aus akustischen gründen nicht weit hinter dem rednerpodium eine art rückwand aufbauen, falls kein natürlicher hintergrund besteht. das (a) lässt Sie nicht so verloren auf weiter flur aussehen und (b) führt dazu, dass sich der schall nicht im freien raum verliert.
sprechen Sie draussen langsamer als im geschlossenen raum; nicht schreien, aber mit resonanz und nachdruck sprechen.
oft steht das rednerpult in zu weitem abstand von der hörerschaft. herunter von der bühne – hinein in den saal, denn räumliche distanz schafft auch geistige distanz! viele pulte sind auch zu klobig. sie wirken wie eine absperrung oder barrikade zwischen redner und hörer.
korrigieren Sie vor beginn der rede, was Sie währenddessen stören könnte (zb. ein fenster schliessen)
bei zwischenrufen: ruhe bewahren und entweder
(1) den zwischenruf einfach überhören, besonders wenn der einwand nichtig ist,
(2) kurz und schlagkräftig kontern (das erfordert allerdings eine grosse geistesgegenwart), je nach art des zwischenrufs eine höfliche abfuhr erteilen, oder
(3) wenn Ihnen nicht sofort die richtige antwort einfällt, zunächst im vortrag fortfahren und währenddessen eine entgegnung überlegen bzw. den rufer darauf hinweisen, dass man die frage später noch behandeln wird.
ist das thema genau abgesprochen und in vorankündigungen richtig wiedergegeben?
wissen Sie, vor welchem kreis Sie sprechen sollen? wer redet vor oder nach Ihnen?
wo sprechen Sie; sind Ihnen die akustischen verhältnisse bekannt? sind raum, licht, belüftung in ordnung und podium oder tisch nahe genug beim publikum?
wie lange sollen sie sprechen? soll es ein anschliessendes gespräch geben?
liegt der termin so, dass Sie ihn psychisch und physisch verkraften (andere termine, tageszeit)?
ist ihnen der redestoff vertraut? sind Ihre informationen auf dem neuesten stand und haben Sie antworten auf gegenargumente?
haben Sie Ihren stoff gut gegliedert (logischer aufbau, stofffülle)?
können Sie ohne unterbrechung de rrede während des vortrags die redezeit verkürzen (absätze weglassen, zusammenfassung)?
sind die sätze ihres manuskripts klar, knapp und verständlich? sind überflüssige phrasen getilgt?
reichen Ihre stichworte aus, um den kompletten stoff zu memorieren (optische zeichen, hilfsbrücken)?
jede gute rede enthält etwas handlung: kleine erlebnisberichte, anekdoten, der bericht eines gesprächs oder einer diskussion etc; direkte rede wirkt dabei lebendiger als ein indirektes nacherzählen. lebendig klingt auch alles, was Sie aus der vergangenheit herausnehmen und im präsens schildern.
der redner sollte nach beenden des vortrags nicht einfach weggehen, sondern einen abgang machen.
zwei fehler werden leicht gemacht. einmal hört der redner plötzlich auf, quasi ohne sich zu verabschieden, ein andermal nimmt er mehrere minuten lang abschied und kann zu keinem ende kommen.
applaus kann verschiedene gründe haben. einmal veranstalten die hörer nur eine wiederbelebungsübung, ein andermal applaudieren sie aus echter zustimmung. zum dritten: beifall als höfliche geste.
feiern Sie nicht jeden als „einen der größten gelehrten des jahrhunderts“ oder ähnliches. dem begrüßten sind überschwengliche superlative eher peinlich. ein salbungsvoller tonfall gehört ins letzte jahrhundert.
man sollte nicht jemanden als redner ankündigen, der sich nur als mehr oder weniger guter vorleser betätigt. auch bei wörtlicher ausarbeitung wird man am besten so frei wie möglich ablesen.
auf keinen fall dürfen Sie dem hauptredner die pointen stehlen oder extravaganter gekleidet sein als er, sondern unauffällig, aber sorgfältig, auch wenn Sie selbst der hauptredner sind.
werden Sie von jemand anderem angekündigt, retten Sie einen evtl. vorhandenen und durch den vorredner entstandenen sympathievoschuss in Ihre eigene rede hinüber. hängen Sie sich an, aber hüten Sie sich vor wiederholungen. sind die einführungsworte weder bei Ihnen noch beim publikum angekommen, so „hängen“ Sie sich ab, vermeiden Sie aber zu beginn des vortrags einen offenen konflikt.
Sie sollten sich in Ihrem thema auskennen, müssen aber kein experte sein. ein wahrer kern liegt in der überspitzen definition des experten: er ist jemand, der immer mehr über immer weniger weiß, bis er schließlich alles über gar nichts weiß.
sprechen Sie mit klangvoller stimme, nicht ausdruckslos. denn: in stimmung steckt das wort stimme!
fangen Sie nicht sofort an zu sprechen, wenn Sie gerade erst das podium betreten haben. fassen Sie Ihre hörer mit den augen, nehmen Sie kontakt mit dem publikum auf. fragen Sie ggf, ob man Sie überall im raum gut versteht. Sie sollten zu beginn eine gewisse wärme ausstrahlen. der erste eindruck ist für den hörer oft entscheidend. manche redner beginnen betont leise, um die zuhörer zur aufmerksamkeit zu zwingen.
wenn man seine zuhörerschaft nicht kennt, so ist es übertrieben, diese „sehr zu verehren“. die anrede soll respektvoll, aber nicht unterwürfig sein. sie gehört im übrigen nicht nur an den anfang, man sollte sie auch hin und wieder in die rede einflechten; besonders an eindringlichen stellen dient das zur erneuten bindung der hörer.
meiden Sie sowohl einen möglicherweise als überheblich wahrgenommenen eindruck genauso wie einen zu bescheidenen („meine wenigkeit…“). die grundhaltung sollte gespannt und gleichzeitig locker sein. trinken Sie ihrem publikum nichts vor – das wasserglas ist eigentlich nur für den notfall gedacht. in einem stickigen raum voll verbrauchter luft zu sprechen ist äußerst anstrengend – für beide seiten. weigern Sie sich!
vermeiden Sie schiefe bilder.
das schlimme ist, dass durch sie ernstgemeintes sofort ins lächerliche gezogen wird. der schaden ist kaum zu beheben:
der zahn der zeit hat schon manche träne getrocknet (grabrede);
in der stadt hongkong findet man einen schmutz, der sich gewaschen hat (reisebericht);
er nimmt sein krankes bein auf die leichte schulter (yoga-lehrbuch?).
die formulierung des themas muss anziehend sein, ohne marktschreierisch zu wirken. besser als der titel „die machtergreifung des nationalsozialismus“ wirkt zb. die frage: „wie kam hitler an die macht?“ „die anschaulichkeit ist das fundament aller erkenntnis“ (Pestalozzi); anschaulich sind charakteristische einzelheiten, abstrakt dagegen summarische zusammenfassungen. vor allem zahlen sollte man einkleiden. kein mensch kann ein dutzend statistische zahlen ohne weiteres im gedächtnis behalten, wohl aber, wenn sie anschaulich gemacht werden.
nicht vieles, aber viel sagen! in einer rede sollte man nicht zuviel auf einmal wollen. ein gedanke, der sich einprägt, ist besser als fünfzig, die zum einen ohr hinein- und zum anderen wieder hinausgehen. „besser einen richtigen nagel fest einschlagen als ein paar reisznägel lose hineinstecken.“ (Spurgeon)
es kommt in jedem fall darauf an, redeinhalt und –form in einklang zu bringen. oftmals ist das thema zu weit gefasst, dann muss geschärft und akzentuiert werden.
ebenso wichtig ist das überarbeiten des fertigen texts. bei der gesamtkontrolle stellt man fest, dass dieses und jenes doch nebensächlich ist und weggelassen werden kann: „dreiviertel meiner ganzen literarischen tätigkeit ist überhaupt korrigieren und feilen gewesen.“ (Th. Fontane)
vereinfachen Sie formulierungen, die zu hochgestochen oder abstrakt wirken. bedenken Sie: Ihr publikum kennt sich mit dem thema nie so gut aus wie Sie selbst.
nehmen Sie sich zeit, arbeiten Sie systematisch:
(1) finden Sie heraus, was überhaupt zu sagen ist.
(2) sammeln Sie stoff und
(3) gliedern ihn, ordnen Sie den stoff aber auch mit witz (effekt); verknüpfen Sie einzelheiten zu einem (4) gedankenfluss, formen sie diesen dann
(5) stilvoll aus, sodass das gesagte vom publikum gern gehört/ gut aufgenommen wird.
(6) überprüfen Sie noch einmal die gliederung, übergänge und kernsätze, prägen Sie sich dann Ihre rede
(7) gedächtnismäßig ein und üben Sie das
(8) sprechen.
die rede muss / darf langsam wachsen. gedanken lassen sich nicht am fliessband produzieren! brainstorming wird oft überschätzt. einzelne schwierigkeiten, die bei der vorbereitung quälen und nicht völlig überwindbar scheinen, werden oft blitzschnell erleuchtet und während des vortrags selbst geklärt. das wort, das man ausspricht, wirkt nämlich nicht nur nach aussen, sondern auch nach innen.
die zuhörer haben viel häufiger als man denkt ein feines gefühl, „ob die redemühle wirklich korn mit sich führt oder nur deshalb so laut klappert, weil sie leer ist.“ (Adolf Damaschke). ein französisches sprichwort heisst:
„gute redner müssen köpfe sein, nicht nur kehlköpfe.“
es sollte der ansporn jeden redners sein, nicht irgendeine, sondern seine rede zu halten. wer Sie nicht kennt, sollte nach Ihrer rede den wunsch haben, Sie näher kennenzulernen. eine rede ist keine schreibe, genausowenig wie eine freie rede ein auswendig gelernter text ist.
wenn Sie ein thema haben, das schwierige fragen enthält: sprechen Sie darüber mit Ihren freunden, das führt verblüffend oft zur klärung und vertiefung.
erinnern Sie sich an Heinrich v. Kleists aufsatz über die allmähliche verfertigung der gedanken beim reden.
“Auch ich in Arkadien!” – Crauss hat vermieden, das laut auszurufen, während er im Sommer 2023 über den Peloponnes reiste. Die griechische Halbinsel strotzt vor karger Wildheit, beeindruckenden Nischen in der Natur – und natürlich ganz historisch gewordener Historie. Crauss hat Gedichte geschrieben. Über Athen, Korinth, Nafpaktos. Über das wuselige Treiben im Hochsommer. Über die Nachsaison-Depression der Urlaubsorte. Kurz: über Hellas at it’s best.
Das kleine HANDbuch ist einfach, aber liebevoll gestaltet. Jedes Exemplar nummeriert und handcoloriert, gleichzeitig für einen Inflationspreis von 5 Euro + Versand beim Autor direkt zu beziehen.
DER JUNGE trägt shorts, wenn er ins haus geht. darunter genießt er, ganz klebrig zu sein – underneath, he enjoys being sticky. wie war das, mit 17 alleine (nicht einsam!) hinter dem haus zu sein, während die eltern sich drinnen ausruhen, einschließlich der socken ausgezogen?
Crauss beschreibt genau eine solche szene in der frisch im konkursbuchverlag erschienenen jubiläumsausgabe von my gay eye / mein schwules auge #20. und das gleich in doppelter fassung, zweisprachig, im gewohnten deutschen text, wie er ursprünglich 2009 in der prosasammlung MOTORRADHELD erschien und in einer englischen übersetzung von Ryan Harwood. auf 400 seiten wird eine bunte mischung aus fotografien, zeichnungen und texten von über 80 internationalen künstlern und bekannten autoren – unter anderem Wolfgang Tillmans und Tom of Finland – über schwule liebe, lust und leidenschaft präsentiert. bewusst explizit und versaut, mit dem jubiläumsthema „unzensiert“ als gewollte anspielung auch auf die restriktionen unserer social media-plattformen. und deshalb freut Crauss sich, mit DER JUNGE auch einen beitrag im seit nunmehr 20 jahren erscheinenden jahrbuch zu haben.
benutzen Sie die aufhänger-technik und überlegen Sie, wie Sie schon in der einleitung nüchterne prozentzahlen oder ein trockenes thema mit „fleisch und blut“ füllen können.
widerlegen Sie Ihren gegner zunächst einmal mit pseudo-sachlichen überlegungen, interpretieren Sie ihn einfach falsch, unterstellen Sie einem teil seiner sachargumente einen anderen sinn. damit drängen Sie Ihren gegner zunächst in eine verteidigungsposition. er muss dem publikum gegenüber erklären, was eigentlich gemeint war. kontern Sie dann mit verweis auf die undeutlichkeit oder verwaschene argumentation. wenden sie diese methode systematisch und vor allem kühl an. auch bei der pseudo-sachlichen auseinandersetzung vermeiden sie nach möglichkeit alle angriffe auf die persönlichkeit Ihres gegners, sonst wird dem publikum schnell klar, was Sie beabsichtigen.
für eine wechselrede (diskussion) sollten Sie nicht nur Ihr eigenes konzept vorbereiten, sondern auch ein vermutetes gegenkonzept des gesprächspartners. so lassen sich negative argumente besser begegnen. denn in der diskussion haben Sie weniger zeit, Ihren standpunkt auszuführen und müssen mehr reagieren als agieren. streiten Sie zunächst nicht grundsätzlich die behauptungen der gegenseite ab. zerlegen Sie die behauptungen in einzelne bestandteile und widerlegen sie diese punkt für punkt.
wie nennt ihr es, wenn ihr euch der selbstliebe widmet? eine ein-mann-party veranstalten, die palme wedeln, schwupp schwupp machen? und wie sagen eigentlich die frauen? die wände streichen, die perle polieren?
Crauss macht sich so seine gedanken im neuenjahrbuch der erotik: frisch erschienen im konkursbuchverlag ist mein heimliches augexxxviii – eine grossartige, bunte und vielfältige mischung aus fotografien, zeichnungen und texten über das greifen und begreifen von liebe, lust und leidenschaft. explizit, manchmal versaut, aber nie anrüchig. und deshalb ist Crauss froh, mit DAS MAGAZIN LEEREN an der anthologie des renommierten und seit 45 jahren umtriebigen verlags beteiligt zu sein.
Am Sonntag, den 03. Dezember 2023 nimmt der Kölner Autor und Verleger Adrian Kasnitz auf der Bücher:Brunch-Couch im Lÿz Platz, um sich mit Crauss über sein Schaffen, seine Inspirationen, seine Erfahrungen in der Literaturwelt und seine Sicht auf die aktuelle Lyrikszene auszutauschen. Für den morgendlichen Kaffee ist dabei natürlich auch gesorgt.
Kasnitz, 1974 an der Ostsee geboren, im westfälischen Lüdenscheid aufgewachsen und wohnhaft in Köln, ist nicht nur ein renommierter Lyriker, dessen Gedichte in zahlreichen Literaturzeitschriften und Sammelbänden erschienen sind, sondern auch ein engagierter Verleger, der seit 2000 die Parasitenpresse – einen unabhängigen Verlag, vornehmlich für zeitgenössische Lyrik – betreibt. In seinem Langzeit-Projekt „Kalendarium“ schreibt er für jeden Tag des Jahres ein Gedicht, das einen Moment der Zeit, ein besonderes Wort, eine Melodie, einen Blick, ein Detail festhält.
Beginn ist um 10:30 Uhr, Einlasszeit ab 10:00 Uhr. Ort: Kulturhaus Lÿz, St.-Johann-Str. 18, 57074 Siegen, Tickets ab 12,00 €.
Im 2009 erschienenen MOTORRADHELD versammelt Crauss auf über 300 Seiten verrückte Stories, Erinnerungen und Remixes bekannter Texte, egal, ob es sich um eine Gesprächsnotiz, Kurzgeschichte, fingierte Zeitungsmeldungen, Essays oder Montagen handelt. Bei all den Formen und Variationen haben die Texte eines gemeinsam: Sie sind voller Kreativität, Tiefe und umwerfender Komik.
Sucht der kulturinteressierte Schnäppchenjäger von Heute online nach Büchern, kann es vorkommen, dass er in diversen (Online-)Antiquariaten auch auf dieses Prosawerk stößt. Eine gute Wahl, die man ja eigentlich nicht bereuen kann – sollte man denken. Doch Vorsicht sollte beim Onlinekauf die oberste Priorität sein. Und wenn ein Preis mit einer simplen Suche schon so einfach verglichen werden kann, sollte man sich fragen: warum mehr als 40 € für ein Evil Knievel-Buch ausgeben, das man beim Autor selbst für nur 18,90 € bekommen kann?
Mühe und Ärger kann man sich glücklicherweise sparen, wenn man das Buch direkt bei Crauss bestellt. So unterstützt man außerdem den Schriftsteller selbst, statt einen Händler zu bereichern, der scheinbar meint, seine „leichten Gebrauchsspuren“ heben den Wert auf mehr als das Doppelte vom Originalpreis an.
Am 19.09.2023 hieß es Tag Vier von KULTUR IM ZUG, einer Aktion des Kreises Siegen-Wittgenstein und der HLB zur Europäischen Mobilitätswoche. Zwischen 07:59 und 11:00 Uhr, sowie 14:59 und 18:00 Uhr performte Crauss dabei ausgewählte Texte zum Thema UNTERWEGS SEIN in den Gängen der Rothaarbahn zwischen Siegen und Bad Berleburg.
Gleich zu Beginn der Nachmittagsfahrt zückte Crauss je zwei Exemplare des 2022 erschienenen DRAGON OATHS und des 2011/2015 erschienenen Lyrikbands LAKRITZVERGIFTUNG und lehnte sie über seinem Sitz gegen ein Fenster. Als er auch noch Mikrofon und Lautsprecher bereitmachte, konnten sich die fragenden Blicke jener Fahrgäste ausmachen, die der Aktion gegenüber noch im Ungewissen waren. Dem gut gefüllten Abteil stellte er sich und sein Vorhaben kurz persönlich vor, ehe er mit einem ersten Siegengedicht einstieg.
Crauss schaffte es, die Szenerie in seinen Auftritt einzubauen: Menschen im Zug, Durchsagen, das „wulstig dunkelnde Grün“ der Landschaft draußen. Als er sein Gedicht Zirkus las, ahmte er beispielsweise die bekannten Durchsagen nach und kündigte es mit „Nächster Halt: Zirkus“ an. Im weiteren Verlauf der Fahrt wurde der Zug leerer, gleichzeitig aber auch Crauss in seiner Gestaltung immer freier. So wechselte er auch in ein anderes Abteil, setzte sich an verschiedene Orte, um Gedichte wie Februartränen zu lesen, welches er, wie er später selbst erklärte, im traurigen namensgebenden Monat geschrieben habe; oder er kommentierte ein Berlingedicht, dass nicht nur die Großstadt üppig sei und belebend wirke und wies die Fahrgäste an, einmal einen Blick aus dem Fenster zu werfen: „eigentlich haben wir bei so einer schönen Landschaft jeden Tag KULTUR IM ZUG“.
Crauss ist eben nicht auf Festgelegtes, vor Jahren Geschriebenes angewiesen. Als die Durchsage den nächsten Halt in Lützel verkündete, spielte der Lyriker beatboxartig mit dem „Z“-Laut, selbiges Lützel setzte er zusammen mit Kredenbach und Vormwald an die Stelle von Hamburg, „wo Leidenschaft ein Flittchen ist“. Auf der Rückfahrt nach Siegen blieb der Zug relativ ungefüllt, die Atmosphäre dafür persönlicher. Zwar war nicht jeder Fahrgast von Beginn an interessiert, doch konnte man hier und da ein kleines Kind fragen hören: „Mama, was erzählt der Mann eigentlich da?“ Eine Frage, die sich auch andere Zuhörer gestellt haben müssen, als Crauss anfing, ein Gedicht auf Siegerländer Platt vorzutragen.
Immer wieder, den Umständen entsprechend, erklärte er neu eingestiegenen Gästen aber auch, worauf genau sie sich unerwartet einließen. Sicher, denn in einer üblichen Lesung kommen nicht alle paar Minuten neue Gäste, während wieder eine Handvoll geht. Aber in einer solchen üblichen Lesung kommt es auch nicht dazu, dass der Lyriker sich neben einen Gast setzt und diesem vorliest. So endete die Lesung gegen 18:00 Uhr, als der Zug in Siegen eintraf und mit den letzten übrig gebliebenen Fahrgästen auch Crauss ausstieg. Zu einem tosenden Applaus war es vielleicht nicht gekommen, aber zu einer Möglichkeit, seine Lyrik einem ganz neuen Publikum, und dazu an einem Ort zu präsentieren, an dem sich Menschen sonst eher anschweigen.
“heute werde ich mit einer andern bahn nach meiner wulstigen heimat fahren“
Du fährst seit langer Zeit wieder deine Eltern besuchen und hast immer noch nicht die gewünschte Beförderung erhalten? Du fährst die Strecke zwischen Siegen und Bad Berleburg jeden Tag und hast schon alle Bäume drei Mal gezählt? Du trauerst dem Sommer hinterher und schauderst vor jedem sterbenden Blatt, das den Boden berührt?
In der Mobilitätswoche des Kreises Siegen-Wittgenstein und der HLB scheint dir Crauss am 19. September 2023 ein Licht am Ende des Tunnels. Er bringt Bewegung und Unterhaltung in die stickige Alltagsluft durch Performances seiner Reisepoesie und Geschichten zum Thema „unterwegs sein“. Alles was du tun musst, ist in den Zug zu steigen, den Spalt zwischen Alltag und Phantasie überwinden und dich treiben zu lassen von den Worten, die – mal leiser, mal aufgeregter – die Melodie zur Reisesymphonie bilden.
Crauss steigt um 7:59 Uhr in Siegen Hbf in die RB93 nach Bad Berleburg. 11:00 Uhr ist Ankunft, Zwischeneinstiege selbstverständlich möglich. Um 9:31 Uhr startet die Rückfahrt nach Siegen ab Bad Berleburg. Die zweite Lesetour an diesem Tag führt zwischen 14:59 Uhr (Siegen) und 16:25 Uhr (BLB) hin sowie 16:31 Uhr bis 18:00 Uhr nach Siegen zurück.
10.07.2023 | 10-14 Uhr | Bad Laasphe | Haus der Jugend| Figuren schreiben | Kreativworkshop für Textabenteurer | Hast du Lust, eine Geschichte zu schreiben und es vielleicht sogar schon einmal probiert? Dann bist du hier genau richtig. Hast du noch keinen Schimmer, wie man eine gute Geschichte schreibt? Umso besser … Hast du dir schonmal eine großartige Handlung ausgedacht, bist dann aber nicht weitergekommen? Das ist ein echtes Schriftstellerproblem. Crauss geht es mit den Teilnehmenden Schritt für Schritt an. Wir entwerfen keine bombastische Handlung, sondern denken uns eine Person aus und sehen, was sie macht, wohin sie sich bewegt und welche Abenteuer sie schließlich erlebt: Begegnet sie vielleicht sogar Figuren aus den Geschichten der anderen Teilnehmer? Zuerst ist da ein Gesicht, ein Kleidungsstück und ein Zimmer. Dann hat das Gesicht eine Angewohnheit und das Kleidungsstück einen Fleck oder im Zimmer sucht unser Protagonist nach seinem Lieblingsding. Wir fragen uns: Was mag das für ein merkwürdiges Ding sein? Woher hat er es? Wie kommt der Fleck aufs Hemd? Und schon haben wir eine Handlung! Echt? Ja, echt! So einfach geht das. Und deshalb sind für diesen Schreibworkshop mit dem erfahrenen Schriftsteller Crauss (er macht u.a. auch Workshops für Selbstbewusstes Schreiben und Biographisches Schreiben) keinerlei Vorkenntnisse notwendig. Das einzige, das du brauchst: Neugier. Der Workshop wird durch Mittel des Landesprogramms “Kulturrucksack NRW” und dem Kreis Siegen-Wittgenstein gefördert. Geänderter Ort: Lachsbach-Schule Bad Laasphe, Gennernbach 13
19.09.2023 | 7:59-11:00 Uhr und 14:59-18:00 Uhr | RB93 Betzdorf-Siegen-Bad Berleburg & retour | Mobilitätswoche des Kreises Siegen-Wittgenstein und der HLB | Crauss liest und performt Texte zum Thema “unterwegs sein” in der Regionalbahn zwischen Siegen und Bad Berleburg. Mal leise und im Rhythmus des Schwellenschlagens, mal aufgeregter. Reisepoesie und Zuggeschichten. Einsteigen bitte!
19.10.2023 | ab 9:30 | Benrath | Orangerie Schloss Benrath | Crauss liest für das Schloßgymnasium Benrath Texte zum Abiturthema Unterwegs sein. “Dann erscheint ein rothaariger und etwas dicklicher Mann mit Brille neben dem Beamer [und] erzählt uns von seiner Lieblingstätigkeit: Das Verreisen, das Unterwegs sein. […] Seine ruhige Sprechweise ändert sich, dynamisch und auch lautstark trägt er seine Texte vor. Seine erregte Tonlage reißt mich mit und ich versuche die Gefühle zu erfassen, die er in seinen Gedichten verarbeitet hat.” So schildert Yousra Bakouri ihre Eindrücke der Schullesung 2020 mit Crauss im Schloßgymnasium Benrath. Es war ein mehr als angenehmer Morgen in der Benrather Orangerie, die rund achtzig Schüler* interessiert und kritisch, eben gut vorbereitet durch den Deutschunterricht. Crauss kommt im nächsten Jahr gerne wieder mit fetter Lyrikausbeute und nicht nur dicklich, sondern dick.
»Sei einfach du selbst!« Das wird gerne gesagt. Aber woher wissen wir denn wer wir sind? Wie viel von uns steckt wirklich in dem Wort ›Ich‹? Und in welchen Verhältnis stehen wir zu anderen Menschen und dem Rest der Welt?
Neben anderen Autoren* wie zum Beispiel Carl-Christian Elze, Jayne-Ann Igel, Sascha Kokot, Steffen Marciniak und Gabriel Wolkenfeld stellt sich Crauss diese Frage in einem normbrechenden, herausstechendem, einzigartigen Gedicht mit dem Titel die städte reissen alles mit ihrem lauf. Er bereist das Spektrum unseres Ichs als »kleines korn sand am strand einer tosenden see« durch die »schwankungen fliessender ideen« bis hin zu den »siedlungen aus angst«.
Die kalligraphische Begleitung ist dabei ein Tor, mit dem die Texte betreten werden können um dort den Geheimnissen des Seins auf den Grund zu gehen. Zusammen mit seinem Text ermöglicht sie es, neue Wege zu erkunden, die zum Selbst und den Nächsten führen.
Die Kalligraphie zeichnet seinen Text zweimal ab. Einmal als kompakten, silbergoldenen Abschnitt, wie die Schatzkiste, in der wir unser ›Ich‹ gedenken zu finden. Darum herum ist er aber nochmal in lockeren, geschwungenen Buchstaben, aussehend wie Vögel, die die unser gedachtes ›Ich‹ umkreisen.
Konstantin Ames und Mara Genschel trafen sich Anfang 2023 mit Gregor Dotzauer im Berliner Haus für Poesie, um über DAS GEDICHT IN SEINEM JAHRZEHNT zu sprechen. Das Video zeigt den Ausschnitt aus der dreieinhalbstündigen Session, in dem es um Crauss’ Gedicht AUF DEM SEE geht.
Die vollständige Session ist auf dem Kanal des HfP abrufbar.
(c) Aufnahme: Haus für Poesie 2023. Bearbeitung Ausschnitt: P. Theile/ Crauss.
29.04.2023 | 16:00 Uhr | Leipzig | Buchmesse | Literarischer Salon NRW | Brotjobs & Literatur | Crauss unterhält sich mit Kollegen über die Notwendigkeit, neben dem Schreiben noch Geld zu verdienen.
Kein Mehrwertsteuerausweis, da Kleinunternehmer nach §19 (1) UStG.
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