SCHÖNER SCHREIBEN, hauptwörterkrankheit und nebelsätze

besonders wir deutschen leiden an hauptwörterkrankheit und verb-armut. das hauptwort bringt aber erstarrung, während beim zeitwort bewegung und geschwindigkeit liegt. lösen Sie hauptwörter verbal auf, wo es möglich ist!

viele nebensätze werden zu nebelsätzen! eine alte regel gilt auch für moderne texte: neuer gedanke = neuer satz.

finden Sie angemessene, aber nicht übertriebene worte. Mark Twain: „der unterschied zwischen dem richtigen wort und dem beinah richtigen wort ist der gleiche wie der zwischen blitz und glühwürmchen.“

machen Sie aus dem prinzip einen grundsatz: verzichten Sie auf fremdwörter, die leicht durch ein deutsches wort zu ersetzen sind. der thesaurus (als buch, im web oder integriert im schreibprogramm) hilft beim aneignen eines wissens- und wortspeichers.

seien Sie konkret, benutzen Sie Ihre eigene sprache. Kurt Tucholsky: „das geheimnis des guten redners: man brauche gewöhnliche worte – und sage ungewöhnliche dinge!“

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SCHÖNER SCHREIBEN, hauptwörterkrankheit und nebelsätze

SCHÖNER SCHREIBEN, ausdruck

eine dürftige geschichte bleibt dürftig, auch wenn Sie die formulierungen aufblasen.

Georg Christoph Lichtenberg meint dennoch: „ein guter ausdruck ist fast soviel wert wie ein guter gedanke.“
nutzen Sie Ihren passiven wortschatz aus. jeder von uns besitzt einen grossen passiven wortschatz und einen manchmal zu engen aktiven.

als langsam licht in seine augen zu dringen begann ist nicht poetisch, sondern schwülstig. weniger wäre mehr, zb bei sonnenaufgang; als er wieder zu sich kam; als er die augen wieder öffnen konnte etc.
das auge öffnen ist etwas anderes als die augen öffnen und wichtiger im kontext evtl ohnehin das, was “er” dann sieht oder an was er sich nach dem aufwachen erinnert.

anderes beispiel aus einem gefundenen text: gefährlich aussehende hörner – mit hörnern (egal ob am stier oder als hupe) assoziiert man automatisch gefahr, so ist es nicht notwendig, sie gleich gefährlich aussehen zu lassen.

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SCHÖNER SCHREIBEN, ausdruck

UNERHÖRT: Crauss im marburger schwulfunk

MARGAYS on AIRCrauss war zu gast bei Tobi und Chris, dem MARGAYS on AIR team im livestream des RADIO UNERHÖRT MARBURG. jeden dritten und fünften sonntag im monat von 16:00 bis 18:00 uhr gibts ein lesbischwules programm mit aktuellem klatsch, kitsch und kulturellen highlights.


DIESER JUNGE
diesen sonntag (16.10.16) auf dem äther: Crauss mit seinem ebook DIESER JUNGE: sechsundzwanzig gedichte mit glossar, einem nachwort von Matthias Fallenstein und Crauss‘ aufsatz AUGUST und ACKER. über das entstehen der texte und das begehren von jungs unterhalten sich die radiomacher mit dem dichter. die aufzeichnung gibts später auch als mitschnitt.

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UNERHÖRT: Crauss im marburger schwulfunk

SCHÖNER SCHREIBEN, stimmigkeit

stimmig ist ein text, den sich autor wie leser in seiner substantiellen form nicht besser vorstellen können. das ist utopie. wer hats gesagt?

form und inhalt lassen sich nicht getrennt voneinander betrachten, sie sollen aufeinander abgestimmt sein.

stimmig kann ein werk auch sein, wenn ein disparater inhalt durch eine inhomogene form gespiegelt wird.

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SCHÖNER SCHREIBEN, stimmigkeit

APPARAT, miniaturentitel

100 küsse reichen noch nicht, 1789, alarm um nichts, als du nicht mehr warst, auf‘n kaffee zu mir, aufgeschnitten und aufgetischt, aus dem winterschlaf nicht aufgewacht, aus den gedanken eines lamas, ausgebrannt, barfuß im schnee, bei anruf oma, bis zur weißglut, bitte nicht orange, blau wie die tafel, blind wie die nacht, briefverwechslung, das baum-traum-haus, das kaugummi in deinen haaren, das leben durch den nebel, das licht ist das ende, das lied der see, das unbeschriebene blatt, das verschwinden der spinnen, das verschwundene buch, dein letzter tanz, den abflug verpasst, der alte wohnwagen, der anzug des richters, der code zum eintreten, der defekt, der einbeinige, der junge mit den gelben augen, der kaffee war im angebot, der kastanienvorfall, der kleine tiger dima, der knastpsychologe, der plastik-polizist, der regen vor dem sonnenschein, der schritt ins nichts, der sechste sinn, der stotterer, der strand des toten meeres, der tag, an dem der vorhang fiel, der tätowierte mann, der teufelsengel, der traumgefangene, der weg des roten stoffes, der weiße flügel, dick ist das dünn von heute, die dürre in der kehle, die formel auf dem klo, die frau ohne namen, die horror-wg, die immer leuchtenden fenster, die ruhe vor dem sterben, die saubermacherin, die säule des lebens, die seesternräuber, die stumme armee, die tür ohne zugang, die vase mit dem sprung, die verschlossene tür, die verschwindende stufe, die weltreise von opa heumann, die zeit läuft, drei plus eins, du bist nie allein, dunkelgelb, ein hund namens clooney, ein leben auf karteikarten, ein tag im januar, ein zahnloses monster , eis, feueralarm , french line, futter fürs hirn, geschlossene gesellschaft für alle, gestern, heute, morgen, gestreift und gepunktet, gleis 4, gummibären-glück, herr hauber, herz, schlag!, herzhämmern, hilfe! opa spricht nicht mehr, ich trage dich bei mir, jahr für jahr in birmingham, jetzt!, kein erbarmen, kelpie, kinder der nacht, koriander, kräne im morgengrauen, kratzbaum-könig, krieg im krieg, krokodilstränen, krümel auf der fensterbank, laufmasche, licht in zimmer 03, lila laune, maschinenromantik, meine grüne luftmatratze, meine oma und ihre rockergang, misslungen und doch geglückt, mit oder ohne zucker?, mord mit feuerlöscher, morgenstund, mottenlicht, nachts, wenn sie kommen, nektarinen zum frühstück, nicht die hellste kerze auf der torte, notausgang, nur der tod kann dich retten, ochsenbäckchen und wachtelbrüstchen, ohne rote rosen zum bachelor, ohnmacht, paket aus panama, rabenmutter, regenbogenpfützen, rote zahlen, schattenfeuer, schichtwechsel, schokolade ist überlebenswichtig,

sommerblues, spaß ist stärker als schmutz, tags darauf am gelben ziegelsteinweg, totes erwachen, trinkt aus, wir machen urlaub, umgekehrte rollen, und dann kam sie, urlaubsziel: tegernsee, uv-hc3370-f2 bitte hilf mir!, vergebung gibt es nicht, vom mörder zum menschenretter, von castrop-rauxel nach wanne eikel, von ehebrechern und gebrochenen, von schlössern und zerbrochenen fenstern, wem gehört die eifersucht?, wenn das licht angeht, wenn es dreimal klopft, wenn ich könnte, wie ich wollte, wolken jagen, würd ich dich nicht lieben, wärst du tot, zwei tropfen

 

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APPARAT, miniaturentitel

NOMINIERUNG für DIGITAL TOES

DIESER JUNGEsechsundzwanzig gedichte mit glossar, einem nachwort von Matthias Fallenstein und Crauss‘ aufsatz AUGUST und ACKER über das entstehen der texte: das im verlagshaus berlin erschienene e_book DIESER JUNGE wurde für den deutschen e_book award 2016 nominiert. preisverleihung wird am 20.10.2016 um 16 uhr in halle 4.1 stand N91 der frankfurter buchmesse sein.

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NOMINIERUNG für DIGITAL TOES

MEIN DURSTIGES WORT gegen die flüchtige liebe

elif verlagder niederrheinische, von Dincer Gücyeter befeuerte  elif verlag hat seine dritte jahresanthologie soeben herausgebracht. lyrik lebt! durstiges wort gegen die flüchtige liebe präsentiert gedichte ua. von Stefan Heuer, Stan Lafleur, Mario Osterland, Dominik Dombrowski, Konstantin Ames und der grossartigen Safiye Can.


Crauss hat neben einem gedicht über Konstantin Kavafis (nach smyrna, bereits erschienen in BUNTE SOCKEN TRAGEN) und einem eifersuchtspoem (von dir) eine Macbeth-bearbeitung beigetragen. “tang, alg, elodeen, / froschgebisse rissen die recken wie drachen / in die tiefe” heisst es in 1|2.


eine ausführliche besprechung des büchleins mit Crauss-lob hat Timo Brandt auf fixpoetry besorgt.

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MEIN DURSTIGES WORT gegen die flüchtige liebe

VON DIR

gott, hatte ich diesen kerl lieb!
nach den ersten minuten wollte ich ihn
berühren, ich stellte mir vor, wie umständlich
dieser grosse mund zu küssen sei, die blanken,
weissen zähne zu spüren. nein, ich wollte ihn
ausziehen, sein geschlecht sehn, es betrachten,
mir vorstellen, wie ihr zwei wohl
in einer so geraden, kalten wohnung wie dieser,
wie ihr euch geliebt hattet, wie er sich
schlagen und befriedigen gelassen hatte
          von dir,
wie er genösse, gepeinigt zu werden. ich
stellte mir vor, wie er schrie. wer liebte wen mehr.
wie er vor wut schrie und tobte — aber die zwei
minuten bis dahin konnte ich ihn und seine
lieblose einrichtung nicht ausstehn, er brachte
kein wort raus und sagte zuviel. ich wollte ihn
hinauszerren, ihm die klappe verbieten, den mund
mit den vollen lippen schlagen und befriedigt
sehen, dass er im park draussen, unter den bäumen
eine gute figur machte, mit zwanzig den bauch
eines sechzehnjährigen, mit dreiundzwanzig
ganz jugendlich dastand. nur diese wohnung
mit ratgebern im regal wollte ich kleinschlagen,
anzünden. allgemeinwissen: er war dein
liebhaber gewesen. mein gott, ich hatte ihn gern!

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VON DIR

LAKRITZVERGIFTUNG in kärnten

LAKRITZVERGIFTUNG in kärntenmanchmal (selten genug) treffen botschaften zufriedener leser direkt beim autor ein und versüssen das harte holz, an dem der dichter allzu häufig zu knabbern hat. so auch bei der LAKRITZVERGIFTUNG, die längst in zweiter und erweiterter auflage zu haben ist.
Steffen Kurz, angestellter in frankfurt/m und selbst schreibender, hatte die juicy transversions neulich im  kärnten-urlaub am millstätter see dabei (bild).

Frederik Bornhofen hingegen, philosoph in kiel, trägt das buch in die kneipe: >man scheint gut beraten die LAKRITZVERGIFTUNG in der nähe zu haben, wenn man mal wieder bis fünf keinen schlaf gefunden (jetzt) oder ihn andererseits nie wirklich gesucht hat und es bemerkt, als man doch noch, um drei, zu dieser bar aufgebrochen ist (letzt). da wundert sich Büchners Lena noch: der müde leib findet sein schlafkissen überall, doch wenn der geist müd ist, wo will er ruhen?<

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LAKRITZVERGIFTUNG in kärnten

Stillstehen, nicht Stillstand. Otto Abts neuer Haiku-Band

Otto Abt, schwester natur

Otto Abts neuer Gedichtband in Haiku und Senryu ist ein Jahreskreis ähnlich dem Film Frühling, Sommer, Herbst, Winter … und Frühling des südkoreanischen Regisseurs Kim Ki-duk: Die Jahreszeiten kommen und gehen, ohne dass man den eigentlichen Wechsel sieht. Man spürt die Veränderung des Wetters, nur selten ein helleres, ein schärferes Licht, ein hervorstechender Ton, der angeschlagen wird.

Das Meditative der Gedichte von Schwester Natur läuft dabei in keinem Moment Gefahr, ins rein Esoterische abzugleiten. Denn einerseits werden konkrete Bauwerke (»Dom zu Massa«), Anlässe (»Ostern in Java«) und Situationen genannt, andererseits verhindern die Haiku und Senryu eine schwelgerische Beliebigkeit oft durch konkrete Anweisungen an den Leser, wie er sich Bilder zu denken hat; nicht nur schön, als reine Oberfläche, als getupfte Aussicht, sondern als auch innerhalb der unterschiedlichen Jahreszeiten ähnlich wiederkehrende Entwicklung oder Handlungsanweisung.

Kulturkreise und kulturelle Erfahrungen des Autors wie des Lesers vermischen und ergänzen sich: was beispielsweise »die alte Linde« (S. 14) nicht vermag, weil sie am Brunnen vor dem Tore fest verankert, in der Heimat verwurzelt ist, lehrt uns die »Buddha-Statue« (S. 7) durch ihr stoisches Blicken ins Weite: das körperliche Stillstehen, das Schweigen auszuhalten, mit ihm umzugehen. Denn Stillstehen bedeutet ja keinesfalls Stillstand. Es sagt: Innehalten, Schauen, Lauschen: schon tropft ein Gamelan-Ton in den anderen (S. 8), strömt ins All und findet im Offenen Heimat, Geborgenheit also, Einfügung.

Dies ist, was Otto Abts Gedichte vermögen: durch eine dezente Reihung uns loszuschicken auf eine nicht immer rein angenehme Gedankenreise, uns aber im unsicheren Augenblick wissen zu lassen, dass wir nicht allein sind auf der Wanderung.

Wem das zu schlicht ist, der überlege, ob er sich Zeit genug gelassen hat. So manches Wort hält eine doppelte Bedeutung bereit – beispielsweise beim Farbmosaik der »Berghänge im Herbstgewand«. »Fest vor dem Abschied« sagt: es ist ein prächtiger, eben festlicher Anblick, die Berge sind aber gleichzeitig starr, erstarrt, tun nichts gegen den Abschied etc. Auch der blaue Himmel ist nicht einfach strahlend und wolkenlos – er ist leer. Er fordert uns auf.

Otto Abt: Schwester Natur mit einem Nachwort von Crauss ist im Buchhandel erhältlich (ISBN 978 3 7412 1189 8) oder über Crauss.

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Stillstehen, nicht Stillstand. Otto Abts neuer Haiku-Band

Crauss über das Phänomen Poetry Slam

2014 schrieb Alexander Minor, damals Schüler eines Siegener Gymnasiums, eine Facharbeit über Das Phänomen des Poetry Slams im Vergleich mit traditioneller Lyrik unter dem Aspekt der literarischen Reaktion auf technische Entwicklung. Jetzt soll die Facharbeit im Grin-Verlag veröffentlicht werden; aus Anlass dessen ist hier das Interview wiedergegeben, das Alexander Minor als Quelle für die Arbeit mit Crauss geführt hat.

Üben Sie einen Beruf aus, der etwas mit POETRY SLAM, traditioneller Lyrik oder sogar Beidem zu tun hat?

 Ich bin selbst Dichter, schreibe Lyrik und kurze Prosa, trage meine Texte auch bei Veranstaltungen (Dichterlesungen) vor oder präsentiere sie ähnlich wie bei einem Poetry Slam auf eine performative Weise.

Kann man POETRY SLAM wie Lyrik als eigene Gattung bezeichnen? Warum?

Nein. Poetry Slams sind keine Text-, sondern eine Darbietungsform. Mindestens müsste man unterscheiden zwischen Poetry Slam als Veranstaltung und Poetry Slam-Texten als eventuell eigene Gattung. Aber auch in dieser Hinsicht würde ich die Frage verneinen. Bei Slams werden keine homogenen Textgattungen präsentiert, sondern sehr unterschiedliche Formen. Welche insbesondere, hängt sehr vom Veranstaltungsort ab: In Aachen beispielsweise legt das Publikum vor allem Wert auf humoristisches, beim Slam in Heidelberg kommen dagegen neben Comedy-Texten durchaus ernsthafte Geschichten und sehr leise, fragile Gedichte zur Geltung. Überhaupt wird ja auf Slam-Bühnen meist beides angeboten: Gedichte, Lieder ohne Begleitung, Geschichten.

Haben Sie Erfahrungen mit POETRY SLAM gemacht? Wenn ja, welche? Sind Sie aktiv oder passiv in der Szene unterwegs?

 Ich bin einige Zeit lang selbst bei Poetry Slams aufgetreten, etwa im Subrosa in Dortmund, wo das Publikum nicht nur durch KlaTraditionelle Lyrikchen oder Noten über die Texte abgestimmt hat, sondern auch Bierdeckel auf die Bühne warf, wenn der Vortragende seine Darbietung besser beenden sollte. Ich schreibe zwar auch humorige oder satirische Texte, fand aber irgendwann meine Sachen nicht mehr passend für immer mehr Richtung Comedy einerseits und Weltschmerz-Rap andererseits tendierende Slams. Erst nach langer Pause und auf Einladung des Rundfunks bin ich 2011 wieder einmal bei einem Poetry Slam aufgetreten. In Siegen habe ich gelegentlich Olaf n. Schwanke, den Moderator des Slams vertreten, bin aber außer in den Anfangstagen der hiesigen Veranstaltung nie dort aufgetreten.

Haben Sie sich schon mal mit POETRY SLAM auseinandergesetzt? Wenn ja, wie?

Die Frage ist ein bisschen ungenau. ich habe mich (siehe oben) schon praktisch mit Poetry Slams (Veranstaltung) auseinandergesetzt; mit Slam-Texten setze ich mich als Hörer auseinander, wenn ich im Publikum sitze. Als Leser eher nicht, da ich finde, dass die meisten Slam-Texte an Qualität verlieren, wenn man sie liest (oder umgekehrt: Viele Slam-Texte eignen sich fast ausschließlich für den Vortrag und haben kaum literarische Qualität). Eine mir bekannte Ausnahme ist Toby Hoffmann[1], dessen Texte sehr politisch sind und auch bei der Lektüre nicht an formaler Ästhetik verlieren, da sie nicht an einem sehr typischen Poetry Slam-Duktus festhalten, wie ihn etwa Bas Böttcher pflegt.

Haben Sie sich schon mal mit Traditioneller Lyrik auseinandergesetzt? Wenn ja, wie?

Mein Beruf als Schriftsteller bringt das mit sich. Wer schreibt, sollte auch viel lesen. Beim Dichten (und das gilt ebenso fürs Slam-Texte schreiben) bewege ich mich nicht in einem Vakuum, sondern stets auf der Basis von allem, was vor mir gedichtet wurde. Ob ich es sehr bewusst mache oder nicht, meine Texte stehen immer in Beziehung zu vorhergehenden Schreibern. Ich lese viel zeitgenössische Literatur, Gedichte und Prosa von noch lebenden Autoren, aber auch Lyrik[2], zum Beispiel von Benn bis (in der Zeitrechnung rückwärts laufend) Oswald von Wolkenstein.

Können Sie einen Vergleich zwischen POETRY SLAM und traditioneller Lyrik wagen?

 Wie soll dieser Vergleich aussehen? Eine Unterscheidung qualitativer Art etwa? Dann kann man sagen, dass die Qualität sehr vieler Poetry Slam Texte nicht über den Vortrag und das Ende der Veranstaltung hinausreicht, dass aber auch Goethe viel Schrott produziert hat.

Würden Sie POETRY SLAM als Phänomen bezeichnen? Warum?

Poetry Slam ist sicher ein Massenphänomen und zieht viele eher jüngere Menschen an, die sich sonst vielleicht nicht mit Literatur oder lyrischen Texten beschäftigen. Oft genug geht die große Anziehungskraft von Poetry Slams aber zum Nachteil sonstiger literarischer Veranstaltungen, indem einerseits Leute Poetry Slams für die einzige Form von Literatur halten, andererseits Institutionen und Städte ‚normale‘ Autorenlesungen kaum noch fördern, weil eben weniger Publikum kommt und dadurch auch weniger Geld in die Kassen. Poetry Slams oder entsprechende Texte sind allerdings längst kein Phänomen mehr im Hinblick auf die Neuartigkeit der Veranstaltungsart. Das war vielleicht Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre mal innovativ als es von den USA nach Deutschland  kam, hat sich aber doch heute alles etabliert und eingespielt.

Ist die Oralität das Besondere am POETRY SLAM? Macht sie den Reiz aus? Ist sie revolutionär in der Geschichte / etwas Neuartiges?

Selbstverständlich leben Poetry Slams vom Mündlichen und von der Interaktion mit dem Publikum, oft auch von einer guten Moderation wie erwähnt. Die meisten der dargebotenen Texte lassen stark nach, wenn man sie liest. Revolutionär ist aber an der Oralität rein gar nichts, wenn man bedenkt, dass bis mindestens zum Mittelalter die meisten Texte nicht aufgeschrieben oder leise für sich gelesen, sondern laut und öffentlich vorgetragen und auch entsprechend konzipiert wurden. Im Grunde sind Poetry Slams also etwas uraltes im neuen Gewand.

Kann man bei traditioneller Lyrik auch von einer Performance reden? Wie würden Sie ihre Performance ausdrücken?

Wieso sollte man ein Goethe-Gedicht, etwa den Erlkönig, nicht genauso wirkungsvoll auf die Bühne bringen wie beispielsweise einen Poetry Slam Text. Viele kürzere, eher unbekanntere Märchen der Brüder Grimm (z.B. „Wie die Kinder das Schlachten lernten“) sind viel effektvoller als ein paar aktuelle Zeilen über Akne, Eltern im Wohnwagen oder den eigenen Pimmel (was Andy Strauss so schreibt…). Performance hat aber eigentlich nicht automatisch etwas zu tun mit Lautstärke und Effekthascherei. Bei einem gut komponierten Gedicht kann es eher darauf ankommen, es genau vorzutragen und akzentuiert in dem Sinne, dass Mehrdeutigkeiten auch unabhängig vom Schriftbild hörbar werden.

Stellt die Performance einen gravierenden Unterschied zwischen POETRY SLAM und traditioneller Lyrik dar?

Nein. Wenn ich einen Textvortrag höre, will ich etwas stimmiges, d.h.: Zum Text passendes oder aus dem Text sich konsequent ergebendes hören, ganz egal ob es sich dabei um einen Slam-Text oder ein Rilke-Gedicht handelt.

Kann man Texte wie Lyrik unter dem Aspekt bestimmter Motive untersuchen?

Ist das eine rhetorische Frage oder vom Deutschlehrer vorgegeben? Selbstverständlich lassen sich alle jemals veröffentlichten Texte / Gedichte unter dem Aspekt bestimmter Motive untersuchen. Es gibt ganze Lexika, die Stoffe / Motive der (Welt)Literatur veranschaulichen, also etwa zeigen, wo und wann das Motiv der Rose oder des Waldes in der Literatur jemals vorgekommen ist. Ich halte es sogar für eine sehr natürliche Frage, sich beim Dichten zu überlegen, wo ist mein jetziges Thema bereits einmal behandelt worden (das muss auch gar nicht so wahnsinnig lang her sein). Durch eine Ähnlichkeit oder gerade durch die Abwandlung eines alten Motivs ergeben sich reizvolle Aspekte für beide Texte: mein aktuelles Gedicht und den ‚Vorgänger’ oder ‚Parallel-Läufer‘.   Wahrscheinlich wird jemand aus Holland ganz anders über die Rose oder die Tulpe schreiben als ich in Deutschland.

Kann man POETRY SLAM als die Lyrik der Moderne bezeichnen?

 Nein. Erstens, weil „POETRY SLAM“ und zweitens weil „Moderne“ nicht genauer definiert sind. Selbst wenn man „POETRY SLAM“ als eigene Gattung nimmt, muss man immer noch in Betracht ziehen, dass Slam-Texte sowohl lyrisch als auch Prosa sein können. Die „Moderne“ als Epoche ist längst vorbei; in der Literatur hat sie eine Zeit des Umbruchs zwischen 1890 und 1920 bezeichnet. Mindestens muss man „Moderne“ durch „zeitgenössisch“ ersetzen, eventuell durch „Post- oder Nachmoderne“, aber auch das sind problematische Begriffe.

Glauben Sie, Literatur kann auf bestimmte z.B. gesellschaftliche Verhältnisse reagieren?

 Literatur reagiert immer auf gesellschaftliche Verhältnisse, nämlich bildet sie im Klein-sten ab, wie ich die Welt, meine gesellschaftliche Umgebung, sehe. Literatur ist Weltwahrnehmung. Auch im Größeren funktioniert das. Nach 9/11 hat es viele Geschichten und Gedichte gegeben, die sich mit dem Ereignis beschäftigten. Zeitgenössische israelische Lyrik beispielsweise beschäftigt sich sehr mit den politischen Verhältnissen im nahen Osten und so weiter. Eher skeptisch bin ich bei der Frage danach, ob Literatur auch (politisch/ gesellschaftlich) etwas bewegen kann, also nicht nur reagiert, sondern neue Prozesse in Gang setzt.

Stellt die technische Entwicklung ein großes Motiv der TL dar / findet man in ihr Reaktionen darauf?

 Ja, sofern man sich auf die Epoche der modernen Literatur bezieht, aber auch vorher und erst recht nachher findet man Reaktionen auf technische Entwicklungen in der Lyrik als auch in anderen Text- und Kunstgattungen. Viele Dichter reagierten auf die Entwicklung des Films und der Photographie, indem sie versuchten, ähnliche Ästhetiken (Bildaufbau, Schnitte) in ihren Texten umzusetzen. Rolf Dieter Brinkmann in den 1970er Jahren oder die Beat-Poeten der 60er arbeiteten stark mit einer Schnitttechnik (cut up), um die immer fragmentarischere Wahrnehmung der Welt darzustellen.

Die hohe Geschwindigkeit heutiger technischer Entwicklung steht außer Frage. Ist die Gesellschaft dennoch immer noch oder gerade heute von der technischen Entwicklung bewegt oder beeinflusst?

Die Gesellschaft bewegt sich natürlich sofort in die Läden oder ans Internet, wenn man ihr einen neuen Happen hinhält und behauptet, damit funktioniere die Welt noch besser. In Wirklichkeit können die neuesten Telefone ja alles mögliche, bloß kaum noch telefonieren. Ich glaube, die Wirkung neuer Entwicklungen ist immer noch in der Gesellschaft spürbar, sie hält aber nicht mehr so lange an wie früher. Manchmal kommen auch totgesagte Techniken zurück: Die Produktion von Vinyl-Schallplatten hat wieder enorm zugenommen und ist, wenn ich recht erinnere, höher als etwa Ende der 1980er Jahre. Auch die Literatur reagiert nicht mehr auf jeden neuen Firlefanz. Anfang der 2000er Jahre gab es zum Beispiel eine Rückbesinnung auf Naturlyrik (die allerdings teils versuchte, technische Dinge so zu beschreiben wie Natürliche und umgekehrt); einer ihrer prominenten und wichtigen Vertreter war und ist der Dichter Ron Winkler. Ich würde sagen: Die Techniken und die zugehörige Sprache ändern sich, Themen und Motive eher nicht.

Und zum Schluss: Könnte man die beiden Gattungen auch unter anderen Aspekten untersuchen und vergleichen?

 Vorsicht: Bei der Frage wird schon wieder vorausgesetzt, Poetry Slam sei tatsächlich eine eigene Gattung! Vielleicht wäre eine Untersuchung interessant, die sich einmal die Mühe macht zu hören, wie traditionelle Lyrik im Vergleich zu Slam-Texten gesprochen/ performt wird. Also nicht Text-formal, oder höchstens über Abhängigkeiten zwischen der geschriebenen Form und wie man sie akustisch umsetzt. Eine weitere Möglichkeit wäre, über das Alter der Schreibenden zu sprechen. Die meisten Slammer sind sehr jung, allerdings wurden viele bekannte traditionelle Gedichte ebenfalls von sehr jungen Dichtern verfasst: Novalis war 28, Trakl 27, Büchner bloß 23 als sie starben.

 

[1]             http://hoffmannpoetry.com/

[2]             Dass ich nicht immer explizit Lyrik sage, sondern Literatur allgemein oder Texte hat damit zu   tun, dass die Gattungen bei Zeitgenössischen Autoren oft fließend ineinander übergehen und  selbst bei vielen modernen und klassischen Autoren nicht unterschieden werden können. Was Dichter früher z.B. als Lied geschrieben haben, lesen wir heute als Gedicht – will man genau  sein, ist das aber schon ein Gattungsunterschied.

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Crauss über das Phänomen Poetry Slam

Crauss auf griechisch

während die CROWD bustour sich nach zweieinhalb monaten strecke quer durch europa allmählich ihrem ende nähert, bereitet sich Crauss auf die teilnahme bei der vorletzten etappe vor. zwischen thessaloniki und athen gehts kreuz und quer durch griechenland.
mehrere Craussgedichte wurden von Despina Pirketti eigens fürs CROWD projekt ins griechische übertragen. hier das ergebnis:

gute aussicht
aus: LAKRITZVERGIFTUNG

erste schwimmer triefen
auf rädern nach hause, noch
schwitzt der teer nicht –
in der stadt sieht man mehr
menschen mit koffern. von
wo wohl? im hof unten
gibts buena vista; wieso
denn auch nicht.

ωραία θέα
οι πρωινοί κολυμβητές στάζουν

επιστρέφοντας με τα ποδήλατα. η άσφαλτος
ακόμα να ιδρώσει –
στην πόλη καταφθάνουν
κι άλλοι με βαλίτσες. από
πού; στην αυλή κάτω,
μπουένα βίστα. γιατί
στην ευχή όχι;

GRUSS AUS MALTA
aus: LAKRITZVERGIFTUNG

ich bin auf der spur
von etwas ganz heissem, die unterkunft
liegt äusserst bequem, man kann hier
scharfe hauskost verspeisen, nur
alles ein wenig dunkler gebraten. mädchen
& jungs kann man kaum unterscheiden,
aber beiden liegt pfeffer im arsch.

χαιρετίσματα απ’ τη μάλτα

βρίσκομαι στα χνάρια ενός πράγματος
πολύ καυτού, τα καταλύματα είναι
τόσο κοντά στη δράση, μπορείς ν’ απολαύσεις
πικάντικο σπιτικό φαγητό εδώ, μόνο που
παραψήνεται και σκουραίνει.  κορίτσια ή αγόρια,
ελάχιστη η διαφορά,
πάντως κι οι δυο είναι ξαναμμένοι

zielstrebig dem wald zu
hatte ich, als ichs erkannte, gehofft,
wir würden nachholen, was wir
vormals, nicht allein, nicht
vermochten. dann aber, kurz
vor dem wuchern des dunklen
bogst du ab richtung siedlung.

αποφασισμένοι, προς το δάσος
είχα, όταν το αναγνώρισα, μια ελπίδα

πως θα ανακτούσαμε αυτό που
δεν, παλιά, όχι μόνοι,
απλώς ανάξιοι. μετά, ωστόσο,
όπως το σκοτάδι ελλόχευε δυσοίωνα,
γύρισες να φύγεις, τραβώντας για την πόλη.

niemand ist der einzige
junge im dorf. bloss sieht man
die anderen erst, hat man gelernt,
sich in der stadt zu bewegen.

κανείς ποτέ δεν είναι το μοναδικό
αγόρι στο χωριό.

μα εσύ βλέπεις
μόνο τους άλλους που έχουν μάθει
να κυκλοφορούν στην πόλη.

dem wald zu und niemand ist der einzige aus: BUNTE SOCKEN TRAGEN

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Crauss auf griechisch

poesie vernetzt

teil neun der von Axel Kutsch herausgegebenen versnetze ist soeben erschienen. Crauss ist mit einem poem über einen herumtreiber dabei, der, einsam unter den freunden, nachts durch die stadt läuft. der text entstand nach motiven des georgiers Gaga Nakhutsrishvili.

versnetze neunversnetze ist eine der wichtigsten sammlungen deutschsprachiger poesie, vor allem, weil sie einmal nicht davon ausgeht, dass berlin der dreh und nabel von allem ist. die vernetzung ist grossräumig nach postleitzahlbereichen vorgenommen worden, das finale versnetz kleiner grenzverkehr enthält neue gedichte von lyrikern aus österreich, der schweiz, den niederlanden und den usa.

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poesie vernetzt

WANDLUNGEN. drei CRAUSSgedichte ins bild gesetzt

wandlungendie mainzer malerin und graphikerin Bettina Kykebusch hat sich Crauss‘ gedichtband SCHÖNHEIT DES WASSERS vorgenommen und drei der darin enthaltenen gedichte als grundlage für ihre arbeit genommen.
the silence of nature within lautet der untertitel des katalogs WANDLUNGEN. neben Crauss haben ua. William Blake und Arthur Rimbaud die künstlerin zu arbeiten über die verschiedenen erscheinungsformen von wasser inspiriert.

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WANDLUNGEN. drei CRAUSSgedichte ins bild gesetzt

Crauss & Kai im Mai

Crauss&Kai
Artgerëcht KunstWertSchätzeη
steht als unregelmäszige studentische veranstaltungsreihe in siegen für ein programm zwischen buntem abend mit bastelworkshop und avantgardistischer kunst in allen sparten.
nicht zum erstenmal, aber zum erstenmal gemeinsam sind Crauss & Kai-Fred Burkett am 24.05.2016 beim kunstwertschätzen aufgetreten. eine grossartige kleine show, bei der die beiden allen möglichen haustieren und verflossenen oder garnicht erst dazu gewordenen liebhabern nachgetrauert haben (Tobias weiss, was gemeint ist!). bei minute sieben verwandelt sich Crauss in Dusty Springfield, bei minute acht dann in Knstantinos Kavafis – während Kai sich die ganze zeit über treu bleibt…

Crauss&Kai

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Crauss & Kai im Mai

SOUND MUSEUM: Stefan George auf dem Mars

wer sich für musik aus den archiven des jazz und pop interessiert oder historische hörspiele in englischer spreache mag, wird neuerdings im Antiquariat Armin Nassaer gut bedient: in seiner online-filiale bietet der antiquar seit neuestem eine auswahl von radiosendungen an, die er zwischen 2010 und 2015 produziert hat. von Stefan George und der mars bis Edgar Bergen. ein bauchredner im radio ist so einiges dabei.
wer günstige bücher lieber in der hand hält als sie zu hören, besucht den grieskrämigen antiquar am besten in seinem laden in siegens hinterstrasse 18.

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SOUND MUSEUM: Stefan George auf dem Mars

gedicht des monats – und die story dazu

das seltsamste ist nicht der regen, es ist die zuversicht: Carl-Christian Elze hat das gedicht SCHMETTERLINGSFLÜGEL aus Crauss’ SCHÖNHEIT DES WASSERS zum gedicht des monats gemacht…

beim lektorat des buchs 2013 amüsierte den verleger köstlich die formulierung der plötzlichen verlobung im SCHMETTERLINGSFLÜGEL-gedicht. und ja, dem autor ist schon klar, dass eine verlobung nicht aus heiterem himmel kommt. alle versuche, synonyme einzusetzen, scheiterten jedoch, da sie entweder noch viel ungelenker klangen oder anderweitig das gleichgewicht innerhalb des poems ungünstig verlagerten. also blieb es beim plötzlich – jedoch nicht ohne konsequenz, denn die diskussion mit dem lektor liess Crauss nicht los.
“als ich später Fran von diesem nachmittag erzählte und dabei das wort plötzlich verwendete, lachte er mich aus”, heisst es später in der story DAS STOLZE GLÜCK. “ich bestand aber darauf, dass mich die nachricht von Angelos verlobung, zumal aus seinem eigenen munde, ganz unerwartet traf.”
die bislang unveröffentlichte geschichte ist hier im pdf nachzulesen, für jugendliche aber eher ungeeignet! viel spass!

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gedicht des monats – und die story dazu

FLUSSLAUF MAKEDONISCH

die herausgeber der makedonischen online-zeitschrift slovokult sind sehr um den literarischen austausch bemüht und bringen deshalb jede woche ein ausgewähltes gedicht europäischer lyriker in übersetzung. Elizabeta Lindner hat Crauss’ FLUSSLAUF dankenswerterweise ins makedonische übertragen:

РЕЧЕН ТРК

св. клеменс веќе се смрачува.
во дворот си играат деца.
тогаш ме задувува развигор тогаш некој
бргу исчезнува во куќата а долу кај реката
нешто ме зграпчува за утроба. колабирам.
во градот чекаат другарите а јас па трчам
кон селото кон полињата и ги размачкувам
витешките заклетви во трската.
љубовта е срање се слушам како пцујам
утрото ќе мора некогаш да осамне.
хоризонтот ми се замаглува во солзи
врне очајно. светот е преполн со
нешта што двојно се нагласуваат но јас
уште го имам вкусот на нашите лузни
во крвта. во крчмата кај распаќето на трковите
телефон. од овде веќе
не се враќам.

FLUSSLAUF

st. clemens dämmert schon.
im hof spielen kinder.
da weht eine brise mich an da verschwindet
jemand schnell im haus und unten am fluss
greift etwas mir ins geweide. ich breche zusammen.
in der stadt warten die freunde ich aber laufe
ins land in die felder und schmiere
auf drachenschwüren ins schilf.
die liebe ist ein scheiss hör ich mich fluchen
der morgen muss irgendwann dämmern.
der horizont verschwimmt mir in tränen
es regnet verzweifelt. die welt ist zu voll
von dingen die man doppelt betont aber ich
habe den geschmack noch von unseren narben
im blut. in der pinte an der gablung der läufe
ein telephon. von hier aus
kehr ich nicht wieder.

 

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FLUSSLAUF MAKEDONISCH

DIGITALE PANSMUSIK

DIESER JUNGEMario Osterland lobt in der novastation Crauss’ jüngstes digitalbuch: “DIESER JUNGE. DIGITAL TOES gehört mit abstand zum sinnlichsten, das ich von Crauss je gelesen habe. seine gedichte sind ganz und gar frei von der eigentlich obligatorischen peinlichkeit, die erotischer literatur (der deutschen zumal) anhaftet […] Crauss’ gedichte sind […] sprachlich so ehrlich, wie das begehren, für das die texte stehen. schnörkellos. lest alles von Crauss!” – den kompletten artikel gibts auf Osterlands blog.

 

august und acker ˇ
für jacques austerlitz ¨ˇ

du schlägst die augen auf: sand. ˇ du schlägst die augen auf: schnee. ˇ du schlägst auf land und findest ˇ ein kind, das du manchmal warst. ¨ˇ

ein junge in hohen strümpfen, ˇ ein junge in seide in furchiger weisse ˇ aus augustwüste und acker. ˇ die nüstern blähen sich blutig, wünschen ˇ sich wind und nicht dieses geschürfte zuhause. ˇ ein junge in hohen strümpfen und goldenen fransen, ˇ und man hört einen heimlichen traktor, ˇ und man hört verschiedenes rufen. der junge ˇ hat ein glas in der hand, auf den rücken geschnallt ˇ die schuhe sind dreck ˇ aus augustwüste, acker und sand. ¨ˇ

du schlägst die augen auf: schnee. ˇ du schlägst die augen auf: rot. ˇ du blinzelst, der junge hebt seine hand. ˇ aufschlag, er hat dir gewunken ˇ und trinkt die orangen jetzt leer. ¨ˇ

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DIGITALE PANSMUSIK

KEIN VERGLEICH: original und fälschung

MOTORRADHELDmofaheld

 

 

 

 

 

 

 

 

man muss es nicht gleich eine plumpe fälschung nennen, aber ein vergleich zwischen Lars Niedereichholzens MOFAHELD (fälschung, 2016) und dem 2009 erschienenen original MOTORRADHELD von Crauss wird ganz sicher zugunsten der im ritter verlag wien/klagenfurt erschienenen prosa ausfallen.
denn wo bei Niedereichholz (“für meine kinder. trinkt keinen schnaps!”) “sämtliche personen und handlungen frei erfunden” sind, ist bei Crauss alles echt: jawbreaker, 12incher, die 80er. MOFAHELD will durch gemütlich-witzige nennung von kindheits-accessoires und in einem sich an poetry-slam-muster annähernden stil den leser fangen. Crauss aber, so Matthias Fallenstein in einer rezension, “vermeidet jede andeutung einer didaktischen geste. ihm ist bewusst, dass zukunft befristet ist, dass es ein ende geben wird, so wie die jugend vorbei ist und nur noch rückblicke auf die vergangenheit erlaubt sind: blicke durch eine unüberwindlich trennende, wenn auch durchsichtige scheibe. wer diese distanz nicht respektiert,” macht sich lächerlich.
so ist in wirklichkeit MOTORRADHELD “der roman des phänotyp jugend seit den 80er jahren. neben zahlreichen anderen literarischen verweisen, anspielungen und zitaten findet sich auch eine erinnerung an Gottfried Benn. nur dass Benn in seinem roman des phänotyp, von dem Crauss‘ prosa […] gar nicht allzu weit abweicht, jene generation alter männer vor augen führt, die eine vergangenheit loswerden wollte und darum ihr politisches handeln leugnete und erzählbare geschichten verschwieg, während Crauss das porträt der heute jungen generation zeichnet, die keine zukunft vor sich sieht und daher auf handeln und geschichte gleich im vorhinein verzichtet. man hängt ab, tanzt, flirtet, säuft bis zum koma. für immer disko? Crauss weiss genau: disko lügt.”

MOTORRADHELD ist nichts als die WAHRHEIT in ihrer erotischsten form. egal, ob es sich bei den einzelnen texten in MOTORRADHELD um gesprächsnotiz, kurzgeschichte, fingierte zeitungsmeldung, essay oder montage handelt: bei aller methodischen strenge erweist sich Crauss als fabulierfreudiger und umwerfend komischer erzähler mit einer vorliebe für BEAT und PORNO. und da, mit verlaub, können ein batiktuch (“es riecht modrig”), ein kopfhörer (“an dem ich vorsichtig schnuppere und fast enttäuscht feststelle, dass er nicht nach furz riecht.”) und ein altes mofa wirklich nicht mithalten!

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KEIN VERGLEICH: original und fälschung

CROWD OMNIBUS TOUR – LOS GEHT’S!

das CROWD network, ein zusammenschluss deutscher, griechischer und österreichischer literaturvereine, unternimmt 2016 eine bustour von finnland nach zypern – quer durch europa. jede woche wechselt die besatzung des literarischen spielmobils. die ersten performances fanden bereits statt. Crauss wird in thessaloniki, veroia, volos, delphi und athen dabeisein. selbstverständlich nicht nur auf deutsch und englisch, sondern auch mit gedichten in griechischer sprache.

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CROWD OMNIBUS TOUR – LOS GEHT’S!

sweet n’dr’thƏ

A/O
kumm, sweet n’dr’thƏ

łah aihl- łah, aihl- lł-väh
th-aihl łah łah, ah ahil łah łah: th-héhé
n’dr’thƏ (räh rhøø – hH Hh hH Hh h)

es liess mich einfach nicht ruhen. ich hatte immernoch den klang dieses gedichts im ohr, diese fremde und doch so vertraute sprache. A/O, das junge talent von anfang und ende, würde einmal eine grossartige performerin werden. meine liebe freiundin, FrauProfessor, hatte mir ein video der klangkünstlerin geschickt – also übersetzte ich, damit es erhalten bliebe “kumm, sweet n’dr’thƏ”
wie wunderbar da im zweiten vers mit wiederholungen des ersten gearbeitet wird! ohne abzuflachen, im gegenteil: die wendung zum “th’héhé” am ende des verses signalisiert die vollständige beherrschung formalen geschicks.

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sweet n’dr’thƏ