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Schlagwort: SCHÖNER SCHREIBEN

SCHÖNER SCHREIBEN, METHODEN 5

nichts was Sie sich ausdenken wird so haarsträubend sein wie das, was Sie von anderen menschen erzählt bekommen. [W.G. SEBALD]

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SCHÖNER SCHREIBEN, METHODEN 4

ich könnte Ihnen etwas von random-elementen in meinen texten erzählen und dass ich mein wortmaterial auflade, atomisiere, deformiere, dass ich collagen… mache, dass ich verba substantiviere, substantiva verbalisiere, dass ich eine armee von satzzeichen einsetze, um sie attackierend, lockend, besänftigend [verzögernd] funktionieren zu lassen, dass ich wiederholungen verwende, vor allem als leitmotive, dass eines meiner hauptanliegen darin besteht, disparates zu harmonisieren. [F. MAYRÖCKER]

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SCHÖNER SCHREIBEN, METHODEN: anlässe

die formulierte welt mit halbem ohr hören, und so das zeremonium verquer stellen, heisst doch wohl: die welt anders zusammensetzen, sie schräg von unten oder halbwegs links von oben sehen – heisst doch wohl: in diesem moment einmal wieder sehen. [ERNST JANDL]

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SCHÖNER SCHREIBEN, METHODEN: haltung/ herangehensweise 2

schreiben heisst, bisher unerhörte/ nicht gesehene dinge zu entdecken. geht es nicht darum, besteht kein anlass zu schreiben.
sei unbedingt experimentierfreudig – aber lass den leser an deinem experiment teilhaben. schreibe über obskure dinge, aber sei nicht selbst obskur. [W.G. SEBALD]

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SCHÖNER SCHREIBEN, METHODEN: haltung/ herangehensweise 1

ich schalte, um meine maschine in gang zu bringen, auf erinnerungspunkte irgendwelcher vergangenheit, bringe dadurch etwas ganz intensiv in die mitte meines bewusstseins, wo es lebendig dasteht, zu sehen, hören, riechen, betasten, und in einer eigenbeweglichkeit, die es aus dem zustand des eingebettetseins in einen erinnerungsablauf befreit. [F. MAYRÖCKER]

nicht das wahrnehmen eines zufälligen erinnerungsfetzens also, sondern ein aktives hinwenden an den gegenstand der erinnerung, sodass er „beweglich“ wird, also nicht als erinnertes beschrieben werden muss, sondern als gegenwärtiges, gerade im augenblick vorhandenes.

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SCHÖNER SCHREIBEN, sprache, gestus, stil 6

form 3

vermeiden Sie adjektive; sie blähen eine geschichte allzu sehr auf, wo man mit starken verben ebensoviel erreicht: er verschlang die nudeln statt er aß laut und ungeduldig die nudeln

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SCHÖNER SCHREIBEN, sprache, gestus, stil 5

form 2

lange sätze bewahren Sie davor, andauernd die figur beim namen zu nennen (Gertie tat das, Gertie fühlte jenes). andererseits kann sich eine noch so banale handlung leicht in zu langen sätzen verheddern.
benutzen Sie das wort und so selten als möglich, versuchen Sie, sätze variantenreich zu verbinden.

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SCHÖNER SCHREIBEN, sprache, gestus, stil 4

form 1

machen Sie unbedingt absätze. kleine happen lassen sich besser verdauen. auf einer grossen, einheitlichen textfläche gleitet das auge aus – und aus dem text heraus.

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SCHÖNER SCHREIBEN, sprache, gestus, stil 3

achten Sie darauf, ein unmotiviertes oszillieren der erzählzeit zu vermeiden. wenn Sie in der vergangenheitsform beginnen, sollten Sie auch mit ihr enden. tempuswechsel können sinnvoll, müssen aber motiviert sein. ein (befristeter) wechsel von präteritum in präsens kann einer story mehr geschwindigkeit/ „näheres dransein“ an der aktion verleihen (zb wie bei einem live-reporter).

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SCHÖNER SCHREIBEN, sprache, gestus, stil 1

erzählen Sie mehr, aber formulieren Sie weniger!

jeder satz für sich genommen sollte etwas bedeuten. eine schrift sollte nicht den eindruck vermitteln, dass der verfasser poetisch sein wollte. [W.G.SEBALD]

es bedeutet etwas anderes, ob eine frau sagt ich bin schwanger, oder ob sie sagt: ich bekomme ein kind – und es verändert den impuls, ob sie es zu ihrem mann oder zu einem liebhaber sagt!

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SCHÖNER SCHREIBEN, figuren und charaktere 10

seltsame begebenheiten sind interessant für die handlung [W.G. SEBALD]

es ist stets befriedigend, beim lesen einer geschichte etwas zu lernen. Dickens hat das eingeführt: der essay brach in den roman ein. dennoch sollte man „fakten“ im roman nie trauen – sie bleiben, trotz allem, fiktion. [W.G. SEBALD]

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SCHÖNER SCHREIBEN, figuren und charaktere 9

es gibt zwei möglichkeiten, eine handlung zu entwickeln:

  • erst existiert die story, dort hinein wird die figur geschrieben. sie entwickelt sich sozusagen an der handlung entlang (zb Rocky: ausgebrannter boxer erhält die chance zum comeback)
  • zunächst existiert eine figur, aus deren charaktereigenschaften/ konflikten mit der umwelt sich eine handlung ‚ergibt’
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SCHÖNER SCHREIBEN, figuren und charaktere 8

in einer geschichte kommen meist zwei arten von handlung vor:

  • eine physische aktion (zb. ein diamantenraub / eine verfolgungsjagd);
  • andererseits aber auch eine emotionale aktion, die sich aus der physischen speisen oder sie bestimmen kann. wie geht es der figur, was denkt sie ohne es zu äussern?
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SCHÖNER SCHREIBEN, figuren und charaktere 7

das äussere leben speist sich aus dem inneren leben und aus einer backstory wound (schlagen Sie den begriff in einem lexikon für filmbegriffe nach): etwas, das der figur vormals geschehen ist, nicht erzählt wird, sondern aus dem erzählten geschlossen werden kann und ihr handeln oder denken bestimmt.

„man denke etwa an den prolog von Faulkners the sound and the fury (1929, dt: schall und wahn): eine ganze familiendynastie wird kurz und knapp skizziert, ihre vergangenheit, gegenwart und mögliche zukunft, eine ahnengalerie, die einzelnen personen in ihrer originalität, ob sie nun im eigentlichen roman noch auftauchen oder nicht. aber klima und milieu sind dadurch vorab definiert.“ [E. Stahl, diskurspogo, 117]

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SCHÖNER SCHREIBEN, figuren und charaktere 6

das (von anderen figuren sichtbare) äussere leben wird in der erzählten story vermittelt.

was man einer figur maximal zumuten kann, hängt unter anderem von der art des textes ab. die fallhöhe einer handlung (mehr staffage als story/ unrealistischer verlauf) vergrössert sich, je mehr man seinen figuren zumutet.

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