Friederike Mayröcker wäre am 20.12.2024 hundert Jahre alt geworden. Ihr zu Ehren gab es eine große Jubilarslesung in der Alten Schmiede in Wien. Zu diesem Anlass wurde auch der Hommage-Band vielleicht ist es so, dasz man weiter Gespräche führen kann vorgestellt, zu dem auch Crauss einen umfangreichen Beitrag geleistet hat. Sein Text Lieb* versucht in Dialog zu treten mit der abwesend Anwesenden:
du seist versteint, heißt es. Du seist gereizt, diese Reizkörner auf dem Parkett, dieses Zementpulver, die versteinerten Tränen. Ich sehe aber eine Träne vor mir und reiche sie dir. Der reiche Reiz, der Reis der einsamen Jahre. Müssen wir wirklich über die Schildkröte sprechen?
Es riss dir die Wange auf, dass dein Fleisch (Lieb*!, dein Fleisch: Fetzen von Fleisch, Reiskörner der Belichtung, eine grobe Photographie, die den Vorgang festhält deiner Versteinerung. Die Wunde erlebte Trocknung, Sprödung, Bröselung
Friederike Mayröcker hat schon lange vor diesem Anwurf geantwortet und über Crauss’ Lyrik gesagt: “So müssen Gedichte heute sein!”




Schon 2023 entstand die Idee einer Lyrik-Anthologie im Geiste und zu Ehren von Axel Kutsch, der einen schweren Schlaganfall erlitten hatte und die bis dato wichtigste Überblicksreihe zur eutschsprachigen Gegenwartslyrik nicht weiterführen konnte. Dazu eingeladen wurden Autoren*, die regelmässig Beiträge für die “Versnetze” eingereicht haben. Das Thema sollte Abschied sein – im weitesten Sinne und in all seinen vielfältigen Erscheinungsweisen: als alltägliche Verabschiedung, ein Abschied als Aufbruch, etwa zu einer Reise, als Abschied von Gewohnheiten, natürlich auch von Menschen, Beziehungen, Orten, Gegenständen – mithin einschneidende Veränderungen. Auch, die endgültige Veränderung: der Tod.



erst jetzt und per zufall entdeckt: Crauss‘ 2004er gedichtband 