SCHÖNHEIT

7,90 

CRAUSS: SCHÖNHEIT. SIMULTANABSCHWEIFUNG MIT GRIMM. verlag j. frank berlin, ISBN 978-3-940249-71-5, zweite auflage, 48 seiten

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Beschreibung

ausgehend von der Novalismaxime “alles muss poetisch seyn” untersucht Crauss den begriff der SCHÖNHEIT in der literatur- und kulturgeschichte. ausführliche info und vollständige liste der 103 mitwirkenden hier

„die welt muss romantisirt werden“, fordert Novalis. erst mit einer qualitativen potenzierung der sinne finde man den ursprünglichen sinn wieder. was sonst sollte eine poetische wissenschaft wollen, also nicht eine wissenschaft von der poesie, sondern eine, die poetisch vorgeht. es reicht nicht aus zu behaupten, etwas – oder: alles mögliche – sei von sich aus schön, ohne die anstrengung unternommen zu haben, es schön zu machen. es kann nicht genügen, das banale aufzuladen, sodass es schwebt wie eine tüte im wind, in der letztlich bloss luft ist. „die allgemeine mitteilbarkeit einer lust führt es schon in ihrem begriffe mit sich, dass diese nicht eine lust des genusses, aus blosser empfindung [also nur selbstzweck], sondern der reflexion“ sei; und lust an der reflexion entsteht doch gerade bei aussicht auf erkenntnis. „gemeinschaftlicher wahnsinn hört auf wahnsinn zu seyn und wird magie.“ hierzu ist es notwendig, jeden in die lage zu versetzen, poesie zu schaffen dabei ist poesie bereits der umgang mit dem material-apparat. die übergänge sind fliessend, der apparat ein hybrid.
bluetooth-geräte verfügen über einen pairable mode: versucht ein gerät, das sich im paarungsmodus befindet, eine verbindung mit einem anderen modul herzustellen, wird der verbindungsaufbau zugelassen. jedoch kann das angesprochene gerät die verbindung auch verweigern ganz wie in einer echten beziehung. ein tool für disc-jockeys verfügt über ein laydown im stereoraum, bei dem man stichfrequenz und speed mit einem knopf regeln kann. hdmi- und andere adapter sind männlich oder weiblich, dabei tragen y-adapter die kennung des die ausbildung männlichen phänotyps bezeichnenden chromosoms. der teils komplizierte einbau des triebwerks in ein schiff oder das implementieren des motors in ein fahrzeug wird als hochzeit gefeiert – gelingt der zusammenschluss grosser wirtschaftsunternehmen, spricht man sogar von einer elefantenhochzeit. holt sich einer der partner dabei einen kavalierschnupfen, muss das medizinisch behandelt werden … was sich liest wie zwischenmenschliche kommunikation, ist bereits jetzt alltägliche techniksprache.
die poesie ist teil dessen, und sei es als name für eine arznei gegen schmerz und psychose. „… dabei verselbständigt sich die angst und verliert ihre zweckmäszigkeit und relation“, heisst es über die generalisierte angststörung im beipackzettel zum krampflöser lyrica, und ich denke: wie beruhigend, endlich etwas gegen abhör-, antiterror- und sicherheitswahnsinn allerorten. her damit, und bitte grosszügig verteilen!
wer ausschliesslich den verstand zum führer nimmt, wird nie einen begriff von der schönheit erlangen, klagt Schiller. denn der reine vernunftmensch begreift nicht, dass die forderung nach schönheit „nicht in der ausschlieszung gewisser realitäten, sondern in der absoluten einschliessung aller besteht, dass sie also nicht begrenzung, sondern unendlichkeit ist.“
das bedeutende, das fortschritt bringende ahnen: wir wissen aus der rückschau längst, wie viele errungenschaften von literaten im voraus kombiniert wurden. erst mondsüchtige dichter wie Jules Verne und Cyrano de Bergerac haben die raumfahrt ermöglicht. über einen zeitgenossen Cyranos, John Wilkins, schreibt Grünbein: er „trug damals an gelehrtenwissen zusammen, was sich fand und was eine mond-expedition eines tages unaufschiebbar machte.“
die forderung nach einer re-poetisierung der wissenschaften findet bereits antwort, wenn auch häufig aufgrund hilfloser spracharmut einzelner disziplinen.

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